„Sokrates der Überlebende“ behandelt die Frage, welche Wirkung Bildung und Erziehung tatsächlich haben. Als Ausgangspunkt dient der Roman „Der Überlebende“ von Antonio Scurati, der einen Amoklauf in einer Schule schildert. Aus der sehr persönlichen Perspektive eines Geschichts- und Philosophielehrers, der mit seiner Klasse gerade den Tod des Sokrates behandelt, schildert Regisseur Simone Derai die letzte Unterrichtsstunde vor dem Massaker. Vom Massaker verschont bleibt nur dieser Lehrer – er wird zum Erzähler der Geschichte. Seine Zweifel, seine Konflikte, sein Ringen um die Schüler*innen und seine eigene Aufrichtigkeit eröffnen eine außergewöhnliche und berührende Sicht auf das Verhältnis von Lehrer*innen und Schüler*innen.
Anagoors Inszenierung – eine Collage aus beeindruckenden Bildern, Choreografien, Filmsequenzen und einer überwältigenden Soundinstallation – hinterfragt die Möglichkeiten humanistischer Bildung: Sind wir in der Lage, die Gewaltdisposition des Menschen durch Bildung und Erziehung zu durchbrechen?
Nachdem das Theater an der Ruhr 2017 die italienische Originalfassung präsentierte, entwickelte Anagoor nun in Mülheim eine deutschsprachige Version dieser packenden Erzählung, die das destruktive Potential des Individuums skizziert.