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Selbstbezichtigung 01 Foto Ulrike Rindermann quer Selbstbezichtigung 01 Foto Ulrike Rindermann quer
Selbstbezichtigung 01 Foto Ulrike Rindermann quer

Selbstbezichtigung

von Peter Handke

Regie: Dušan David Pařízek

Berliner Ensemble, Übernahme des Volkstheaters Wien

„Ich bin auf die Welt gekommen. Ich bin geworden. Ich bin gezeugt worden. Ich bin entstanden. Ich bin gewachsen.Ich bin geboren worden. Ich bin in das Geburtsregister eingetragen worden. Ich bin älter geworden.“

So unschuldig beginnt Peter Handkes Theaterstück „Selbstbezichtigung“ aus dem Jahr 1966, neben „Hilferuf“, „Weissagung“ und der berühmt gewordenen „Publikumsbeschimpfung“ ein weiteres Sprechstück aus seinem
Frühwerk. In ihnen betreibt Handke teils vergnügliche, teils bittere Sprachkritik. „Sprechstücke“, so schreibt der junge Handke, „wollen nicht revolutionieren, sondern aufmerksam machen“, „aufmerksam, hellhörig, hellsichtig machen, nicht nur als Theaterbesucher“.

Spielerisch schickt Peter Handke seine Sprecherin zur Beichte und nötigt ihr eine Selbstbezichtigung ab, wie totalitäre Regime sie ihren Sünder*innen abnehmen. Er zeigt die Nähe von Katholizismus und Kommunismus auf und diskutiert die bigotten gesellschaftlichen Schuldbegriffe, bis hin zum eigenen Medium: „Gegen welche Gesetze des Theaters habe ich mich vergangen?“ Diese Beichte kann im Theater nur das Publikum abnehmen. Zum Ereignis wird diese intensive Inszenierung von Dušan David Pařízek durch die Ausnahmeschauspielerin Stefanie Reinsperger, die sich schonungslos, mit Haut und Haar dieser Selbstbezichtigung aussetzt.

„Wozu das Theater taugen könnte“, sagt Peter Handke, „(wozu es bislang auch getaugt hat): als ein Spielraum zur Schaffung bisher unentdeckter innerer Spielräume des Zuschauers, als ein Mittel durch das das Bewusstsein des einzelnen nicht weiter, aber genauer wird, als ein Mittel zum Empfindlichmachen: zum Reizbarmachen: zum Reagieren: als ein Mittel, auf die Welt zu kommen.“

Selbstbezichtigung 04 Foto Ulrike Rindermann
Foto: Ulrike Rindermann

„Die Inszenierung hält der Radikalität des Textes stand, vor allem wegen dieser Sprechkönigin, die Worte wie unsichere Gebiete abtastet. (…) Man kann ihr in dieser Mischung aus Selbstgeißelung und Wutausbruch nicht nicht folgen. Reinsperger ist ein Magnet, ein Wundergeschöpf aus Selbstermächtigung, Hingabe, Gerissenheit, Witz, und Akkuratesse; sie trägt den Titel ‚Schauspielerin des Jahres‘ mehr als zurecht.“ Der Standard

Dauer: 1 Std. 0 Min.
keine Pause